Einführung in börsengehandelte Produkte
Die wesentlichen Unterschiede zwischen OTC- und Wertpapier-Trading
Wenn Sie vor der Entscheidung über eine Strategie stehen, fragen Sie sich vielleicht, worin sich Wertpapiere von außerbörslich gehandelten Produkten (OTC) unterscheiden. Wie wir in der vorhergehenden Lektion erfahren haben, bezieht sich der Begriff 'OTC' auf den Prozess, bei dem Wertpapiere direkt zwischen zwei Parteien (statt an einer Börse) gehandelt werden.
Aus diesem Grund könnten OTC- Produkte, welche an einer Börse gelistet sind, als riskanter als Wertpapiere eingestuft werden. Die erstgenannten Produkte können Marktteilnehmern jedoch ebenfalls Zugang zu vielfältigen Handelschancen bieten, die sie anderenfalls vielleicht nicht hätten.
Mit OTC-Trading verbundene Risiken
Zu den wesentlichen Vorteilen von Wertpapieren gehört, dass sie für unterschiedliche Trading-Strategien und Anlageziele einsetzbar sind, die alle allerdings mit unterschiedlichen Risiken und Chancen verbunden sind.
Fehlende Preistransparenz
Bei börsengehandelten Produkten sollen möglichst Käufer und Verkäufer basierend auf transparenten, für alle gleichermaßen geltenden Regeln bzw. Konditionen zueinander geführt werden. Diese Regeln dürfen keine Partei benachteiligen, die eine Transaktion abschließt.
Bestimmte OTC-Märkte bieten Käufern und Verkäufern hingegen die Möglichkeit Konditionen auszuhandeln, was bedeutet, dass ein Verkäufer unterschiedlichen Käufern das gleiche Derivat zu unterschiedlichen Preisen anbieten könnte.
Niedrige Liquidität
OTC-Märkte sind als solche und damit aus vorgenannten Gründen tendenziell weniger liquide als Wertpapiere. Da Ihr Trade mit einer Gegenposition ausgeglichen werden muss, kann es im OTC Bereich schwieriger sein als an einer Börse, einer entsprechenden Nachfrage zu begegnen, z.B. einen Käufer am Markt zu finden, welcher zu dem Zeitpunkt, wenn Sie etwa verkaufen möchten, den Vermögenswert kauft.
Volatilität
Genau wegen dieser geringeren Liquidität kann OTC-Trading riskant sein, da ggf. starke Kursschwankungen in Kauf genommen werden müssen, bis z.B. ein Verkauf realisiert werden kann. Das kann sowohl an kleineren Märkten als auch an großen Märkten passieren. Es kann zwar an jedem Markt viele Gründe für Volatilität geben, in der Regel wird diese aber dadurch verursacht, dass in einer Richtung (long oder short) eine höhere Anzahl von Trades getätigt wird als in der anderen.
Beispielsweise tendieren wichtige Währungspaare nach der Bekanntgabe von Wirtschaftsdaten wie den monatlichen US-Arbeitsmarktzahlen zu hoher Volatilität, was in der Regel eine hohe Anzahl von Trades bei Währungspaaren mit USD-Beteiligung verursacht. Bei Bekanntgabe der Daten werden regelmäßig viele Trader Long- oder Short-Positionen eröffnen, es steigen also die einzelnen Teilnehmer in den Markt ein und/oder oder aus, was dann zu raschen Bewegungen des Marktpreises führt.
Hausaufgabe
Bei den US-Arbeitsmarktdaten handelt es sich um einen monatlichen Bericht, mit welchem die Zahlen rund um Arbeitsmarkt/Beschäftigte in den USA außerhalb des Agrarsektors veröffentlicht werden. Diese Daten können die Konjunktur des Landes beeinflussen, weshalb sich viele Trader zum Zeitpunkt der Bekanntgabe für Währungspaare mit USD-Beteiligung entscheiden, um nach Möglichkeit von dem Effekt zu profitieren, welchen diese Nachrichten auf den Dollar hat.
Eröffnen Sie ein Demokonto oder melden Sie sich kurz vor dem Zeitpunkt, an welchem diese nächsten Daten bekannt gegeben werden – in der Regel am ersten Freitag des Monats um 13:30 Uhr (mitteleuropäischer Zeit) – in Ihrem bestehenden Demokonto an. Stellen Sie einen Nachrichtensender ein, der diese Nachrichten überträgt, und öffnen Sie das Währungspaar EUR/USD auf der Plattform. Was stellen Sie an den Bewegungen des Marktes fest, und zwar vor, während und nach der Bekanntgabe?
An kleineren Märkten wird Volatilität häufig durch großvolumige Transaktionen und dies auf einen Vermögenswert ausgelöst, der nicht von vielen Teilnehmern aktiv gehandelt wird. Wenn zum Beispiel ein Teilnehmer 10.000 Long-CFDs kauft, könnte das eine erhebliche Veränderung des Preises verursachen, wenn es keine Trader gibt, die 10.000 Short-CFDs kaufen.
Marktmanipulation
Obwohl es keinesfalls die Norm ist, eilt dem OTC-Trading der Ruf voraus, Chancen für betrügerische Aktivitäten wie „Pump and Dump“-Marktmanipulation mit Penny-Stocks zu bieten.
Das geschieht, wenn ein oder mehrere skrupellose Marktteilnehmer mit falschen oder irreführende Erklärungen Werbung für eine Penny-Aktie machen und damit ihren Kurs künstlich in die Höhe treiben (aufpumpen), wenn weitere Anleger einsteigen. Danach verkaufen sie einfach ihre Positionen, nehmen ihre Gewinne mit und verursachen damit in der Regel einen Absturz des Kurses.
Die US-Wertpapierkommission hat in diesem Zusammenhang Ende 2016 gewarnt, dass „OTC-Aktien tendenziell sehr geringe Liquidität haben, häufig das Ziel mutmaßlicher Marktmanipulation sind, im Durchschnitt negative und volatile Anlagerenditen bringen; und selten werden die ausgebenden Unternehmen groß oder werden an einer Börse notiert“.1
Unter der Lupe der Aufsichtsbehörden
Die vorgenannten Probleme sind der Aufmerksamkeit der globalen Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht entgangen, vor allem seit der Finanzkrise von 2007-2008.
Das sogenannte Financial Stability Board (FSB), ein internationales Gremium, hat im Dezember 2021 einen Bericht veröffentlicht, in dem es um den Stand weltweiter Reformen an den OTC-Derivatmärkten geht, und kündigte an, dass für 2022 weitere neue Anforderungen zu erwarten sind.2
Im Vergleich zu Wertpapieren kann die Unsicherheit bezüglich der aufsichtsrechtlichen Zukunft des OTC-Tradings als negativer Aspekt betrachtet werden.
Schon gewusst?
Vorteile des OTC-Tradings
Trotz seines nicht ganz makellosen Rufs hat OTC-Trading bestimmte Vorteile zu bieten - mit gegebenfalls der Möglichkeit, die nächste Penny-Stock-Erfolgsgeschichte zu finden. Tatsächlich ziehen Nachrichten zu den erfolgreichsten Penny-Stocks der Vorjahre und des laufenden Jahres großes Interesse auf sich.
Die niedrigeren Preise von Penny-Stocks bieten Tradern die Möglichkeit, einen größeren Anteil an einem Unternehmen zu erwerben, als das bei einem Listing des Unternehmens an einer großen Börse möglich wäre.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Transaktionskosten für OTC-Trading niedriger sein können als die Gebühren für das Trading an einem Handelsplatz.
Übung
Welche der folgenden Aussagen zum OTC-Trading ist falsch?Richtig
Falsch
Die Kosten für das OTC-Trading sind oft niedriger als die von einer Börse erhobenen Gebühren.Zusammenfassung dieser Lektion
- Wertpapiere, die auch Finanzderivate sind, bilden die Wertentwicklung des zugrundeliegenden Basiswertes wie z.B. Aktien, Indizes, Rohstoffe, Währungen etc. ab.
- OTC-Trading kann Zugang zu Handelschancen wie Penny-Stocks bieten, die für einige Anleger attraktiv sein können
- Im Unterschied zum Trading an einem Handelsplatz sind für OTC-Trading ganz generell fehlende Preistransparenz und geringe Liquidität charakteristisch.
- OTC-Märkte sind generell anfälliger für Volatilität als Wertpapier-Märkte.
- OTC-Märkte sind wegen ihrer geringeren Transparenz anfällig für Betrugsfälle.
- Im Unterschied zu Wertpapieren besteht einige Unsicherheit mit Hinblick auf künftige aufsichtsrechtliche Anforderugan an OTC-Märkte weltweit.
- OTC-Trading kann gleichwohl eine attraktive Option sein, weil es Tradern die Chance bietet, auf einem frühen Stadium auf Unternehmen zu setzen, bei zunächst niedrigeren Preisen und Gebühren als an den Börsen, welche sich in der Zukunft zu großen Unternehmen entwickeln.
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Was sind börsengehandelte Produkte?
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